Die Alpen sind nicht nur für Fussgänger ein Wandermekka, südlich der Schweiz gibt es auch die Möglichkeit zum Autowandern. Wir haben im Nissan-Pick-up die Höhen und die Skihänge rund um Bardonecchia erklommen, und im oberen Susatal Weitblick, Gastfreundschaft und Gaumenfreuden erlebt.
Längst liegt die Waldgrenze hinter uns, auch das zMorge scheint eine kleine Ewigkeit her zu sein. Vor uns noch immer der steile Fahrweg, mit teilweise halsbrecherisch tiefen Auswaschungen, die eine Unaufmerksamkeit am Steuer schlecht verzeihen würden. Dann noch zwei Haarnadeln und wir stehen auf der Krete am Monte Jafferau. Luftige 2800 m.ü.M. gibt das Höhenmeter an, rundum blicken wir auf die Berge runter, links fällt der Steilhang ins Hochtal Valfredda ab, rechts geht es hinunter, zurück ins Valle di Rochemolles - wir sitzen quasi auf dem Dach der Welt. Quasi, denn 15 Höhenmeter weiter oben thronen die Ruinen des Forte Jafferau, das Ende des 19. Jahrhunderts in dieser Einöde errichtet wurde.
Im Jahr Eins nach dem Ende des legendären Land Rover Defender wenden wir uns neuen Abenteuerfahrzeugen zu. Doch mit praktisch jeder Neuvorstellung verschwindet ein bislang echter Offroader im Einerlei der verkaufsstarken SUV-Massen. Die beinahe einzige Gegentendenz ist aktuell im wiederentdeckten Segment der Pick-up festzustellen, denn seit 2010 haben sich die Zulassungszahlen stetig erhöht, sind bis Ende 2015 auf knapp 3000 Fahrzeuge gestiegen und haben sich im genannten Zeitrahmen um mehr als verdoppelt. Ein Pick-up also: Diese Wagen erhalten noch Bodenfreiheit, ein Reduktionsgetriebe und belastbare Achsen. Attribute, ohne die wir auf unserer dreitägigen Tour nicht wirklich erfolgreich wären, denn die steilen Auf- und Abstiege sind die Spielwiese für Drehmoment, nicht Speed, für Federweg, nicht Fahrkomfort, für Traktion, nicht Drift. Alles wurde dem Nissan NP300 Navara in die Wiege gelegt, wie wir mit jeder erfolgreich bewältigten, hochalpinen Fahrweg-Herausforderung in Form wachsender Sicherheit beruhigt registrieren.
Bardonecchia liegt im hintersten Ende des Susatal und dürfte von der Winterolympiade Turin 2006 bekannt sein, dem einen oder andern auch als italienisches Portal zum knapp 13 km langen Fréjus-Strassentunnel. Dieser endet im Norden in der französischen Ortschaft Modane und ist Grenze wie Verbindung zwischen den Städten Turin und Albertville. Bardonecchia - Wanderparadies im Sommer und einer der traditionellen Pilgerorte für italienische Wintersportler. Doch in der Zwischensaison, wenn die Sommergäste gegangen, die Hänge noch schneefrei und das intensive Licht der Herbstsonne die Landschaft in betörender Intensität erstrahlen lässt, gehört Bardonecchia uns. Hier im Piemont wurden die Motorrad- und Geländewagenfahrer entdeckt, als willkommene Gäste, nicht als die Bösewichte, für die sie in der Schweiz allzu oft hingestellt werden. "Alpi Motor Resort" heisst die Initiative der Verantwortlichen von Tourismus, Forstdienst und Verkehrsverbände. Statt Wildwuchs gibt es Routenvorschläge, statt Verbote Rahmenbedingungen, statt gegeneinander miteinander.
Unser erster Gang am Morgen war in den Supermercato, nun bunkert Käse, Brot, Fleisch und Mineralwasser im Wagen. Dann lassen wir die Ortstafel hinter uns, kurz nach dem Rochemolles-Stausee klettert das Höhenmeter über die 2000-Meter-Grenze. Das reizvolle Hochtal führt am Rifugio Scarfiotti vorbei, wo am Weg die Wirtshaustafel mit Suppe und Polenta wirbt. Vielleicht ein ander Mal. Wir sind mit Offroad-Spezialist Krauer Tours aus Rothrist unterwegs. Martin Krauer hatte Bardonecchia und das Grenzgebirge zwischen Frankreich und Italien schon lange für schweiznahe Geländewagen-Reisen entdeckt, kennt die Möglichkeiten und Gepflogenheiten. 15 Haarnadeln weiter sind wir bereits auf 2500 m.ü.M., manchmal schafft man die Kurve nur mit Zurücksetzen, dann wieder verdanken wir es der Traktionshilfe, dass bei starker Achsverschränkung die ganze Vortriebskraft nicht einfach am frei schwebenden, widerstandslos drehenden Rad verpufft. Dann eine Hochebene - Pian dei Fratti - Alpenblumen auf grünen Wiesen, weit verstreut Rinder auf Alpgang, rundum imposante Bergkämme und -spitzen.
Und der Aufstieg geht weiter. In der etwas einschüchternden, riesigen Geröllhalde hinten im Tal führt der Weg hoch zum Colle Sommeiller. Wir geraten hinter eine Gruppe Geländewagen aus dem "grossen Kanton", die trotz gutem Offroadmaterial den Track und die Kurven etwas gar langsam angeht. Vorsicht in Ehren, aber es wirkt befreiend, als die Truppe eine Pause einlegt und wir passieren können. Nun dauert es nicht mehr lange, und wir stehen ganz oben. 2996 Meter über Meer zeigt das Altimeter. Die letzten Meter geht man zu Fuss, eine Minute am kleinen Sommeiller-See vorbei - die 3000 Meter sind geschafft. Und wir sind beeindruckt: Der Blick zurück ins Tal, nach vorne auf die Hochgebirgs- und Gletscherlandschaft auf französischem Boden - geradezu gigantisch. Der Sattel des Colle Sommeiller ist zugleich Grenze zu Frankreich, hier zerrt der Wind ungestüm an den Kleidern. Ein Moment der Kälte, und ein Moment für hochalpine Ehrfurcht.
Grenzstreitigkeiten zwischen Frankreich und Italien liegen der Tatsache zu Grunde, dass die Berge rund um Bardonecchia für Offroader und Enduro-Fahrer überhaupt als Reiseziel taugen. In der Zeit Ende des 19. Jahrhunderts wurden hüben und drüben unter mühsamsten Bedingungen Befestigungen auf den Berggipfeln errichtet, um mit Artillerie-Geschützen im Falle eines Eindringens reagieren zu können. Keines der Geschütze wurde je abgefeuert, doch für Bau und Betrieb der inzwischen alle zu Ruinen verfallenen Bauten wurde ein spektakuläres Netz von Militärstrassen in den Fels geschlagen, die uns heute in der Zwischensaison zur Erkundung dienen. Auf halbem Weg zurück stehen auf 2312 m.ü.M. Tische und Bänke auf der Wiese. Hier holen wir die Schätze aus dem Supermercato aus den Wagen, veranstalten gemeinsam ein opulentes Picknick - Hochkulinarik im wahrsten Sinn des Wortes. Aber wir sind in den Alpen, und was bei Sonnenschein begann, endet eine halbe Stunde später in ersten Regenspritzern, die zur raschen Weiterfahrt animieren.
Unsere Truppe ist ein bunter kleiner Haufen, fährt Jeep, Land Rover, Toyota und eben Nissan. Die meisten sind routinierte Aussenübernachter, doch für Bardonecchia blieb diese Ausrüstung zu Hause. Wir übernachten im Hotel Europa, das Bruno Critelli als das einziges Haus im Ort das ganze Jahr über geöffnet hält und Gästen wie uns hilft, die Region maximal und respektvoll erleben zu können. Kulinarisches Highlight ist das Nachtessen im Restaurant Etable im alten Ortskern von Bardonecchia, wo Antonella und Beppo ihre Gäste mit ihrer piemontesischen Küche in Finesse und Schlichtheit verwöhnen. Eine Viertelstunde dauert der Spaziergang zurück zum Hotel, wo wir uns müde und zufrieden ins Bett fallen lassen. Mit Vorfreude auf einen neuen Tag und ein nächstes Fort, bevor wir uns nach dem Mittag auf den Weg machen werden, um rechtzeitig zum Einbruch der Nacht wieder zu Hause in der Schweiz einzutreffen. Das Gute liegt so nah.
Text und Bilder: Martin Schatzmann
Die Tradition von Pickups reicht bei Nissan über 80 Jahre zurück. Was 1935 mit dem einfachen Datsun ¼ begann, ist heute zum modernen Arbeitstier mutiert. In der Topversion Tekna leistet der Euro-6-Turbodiesel mit 2,3 Litern Hubraum satte 190 PS und stemmt 450 Nm Drehmoment auf die Kurbelwelle. Dieser Motor kann mit 6-Gang-Handschaltung oder mit 7-Gang-Automatik bestellt werden, wobei die Automatikversion für unsere Autowanderung zur Verfügung stand. Zur Komplettausstattung des 47'685 Franken teuren Wagens - der NP300 Navara kostet in der Basisausstattung ab 30'665 Franken - umfasst neben LED-Scheinwerfer, Roundview-Monitor, Leder, Navigation und Konnektivität den zuschaltbaren Allradantrieb, Bergab- und Berganfahr-Hilfe, auf Wunsch eine Differenzialsperre und modernste Assistenzsysteme, wie die autonome Notbremsfunktion.