Scania-Winter 2017

Reise durch die Zwischenwelt

Der Himmel in einer selten zu sehenden Farbenpracht.
Der Himmel in einer selten zu sehenden Farbenpracht.

Scania schwimmt auf einer bemerkenswerten Erfolgswelle, die im Herbst 2016 in den neuen Lastwagen der S- und R-Serie gipfelte. Im angebrochenen Jahr soll es im gleichen Stil weitergehen. Zeit für einen Zwischenhalt.

Das Thermometer zeigt Minustemperaturen im zweistelligen Bereich, nach spätestens ein paar Minuten setzt man im Freien die Kappe auf, zieht die Handschuhe über. Im norwegischen Wintersportort Trysil knarrt der Schnee unter den Schuhen. Es ist Januar, der erste Monat nach einem für Scania in mancher Hinsicht aussergewöhnlichen Jahr 2016, das nicht nur die – Zitat – "wichtigste Modelllancierung" der Schweden gesehen hat, das aber auch mit einem Verkaufsrekord in Europa in die Markengeschichte eingehen wird, einer Geschichte, die vor gut 125 Jahren ihren Anfang genommen hatte.

Herausforderende Strassenverhältnisse sorgen für Abwechslung.
Herausforderende Strassenverhältnisse sorgen für Abwechslung.

2017 beginnt mit der Gelegenheit Erfahrungen zu sammeln. Der Ort ist ein privates Flugfeld ausserhalb von Trysil, weit im Osten von Lillehammer gelegen. Die Tat sind 23 Trucks von Scania, welche die Breite der Palette demonstrieren und vor Ort aus diversen Konstellationen der neuen R- und S-Series sowie der älteren R-, P- und G-Serie besteht. Fahren bei winterlichen Verhältnissen steht auf dem Programm, was in der Schweiz nicht ganz unbekannt ist, aber mit den tieferen Temperaturen und Gesamtgewichten von teilweise weit über unseren 40 Tonnen durchaus Respekt gebietet.

Schwere Minustemperaturen sorgen für interessante Schneeskulpturen.
Schwere Minustemperaturen sorgen für interessante Schneeskulpturen.

Es ist ein Wintertraum. Schneebedeckte Strassen, die den ganzen Winter nicht schwarzgeräumt werden, gesäumt von Wäldern im weissen Winterkleid, unterbrochen durch offene, unberührte Flächen. Zuerst steckt die Landschaft unter einer umfassenden Wolkendecke, die das Licht fahl erscheinen und die Kontraste verschwinden lässt. Dann bricht die Sonne durch, die Bäume strahlen, das Licht beginnt mit der Landschaft zu spielen, und bevor der Tag zu Ende geht, bietet sich am Himmel eine überaus beeindruckende Farbenvielfalt. Im gebirgigen, an Schweden angrenzenden Teil Norwegens, sind solche Wintertraumstrassen oft anzutreffen. Tückisch: Im Schnee ist der Rand der Fahrbahn selten genau ersichtlich, man fährt ungern zu stark rechts, erstrecht nicht mit den Trucks, die Scania für die Testrunden hin gestellt hat.

Sich kennen

Ein P93 4x4 aus Militärbeständen und aus einer Zeit vor den Euro-Normen.
Ein P93 4x4 aus Militärbeständen und aus einer Zeit vor den Euro-Normen.

Doch die grossen Veränderungen und Herausforderungen, die nicht nur die Transportindustrie bewegen, sind ein steter Begleiter auf solchen Veranstaltungen. Wohin geht der Weg? Welches werden die Schlüsseltechnologien sein? Wie muss man sich für die Zukunft wappnen? "Bevor du vorwärts gehen kannst, musst du wissen, wer du bist." Die Worte von Fredrik Callenryd, Verantwortlich für Strategie und Geschäftslösungen bei Scania in Södertälje, klingen mit, wenn der Geländeparcours im Militärlastwagen bewältigt wird. Es ist ein Truppentransporter von 1992, aus der Grossbestellung der norwegischen Streitkräften in den 80er-Jahren. Der P93 4x4 stammt also aus einer Zeit vor Euro-Klassen und vor AdBlue, Die vier Meter Radstand sind eine Spezialanfertigung und zusammen mit dem extrem stark verschränkenden Trapezion-Fahrwerk bietet der Truck eine herausragende Geländegängigkeit. In Trysil ist der P93 4x4 auf allen Rädern mit Ketten ausgerüstet, was im tiefen Schnee der ausgesteckten Piste ein Muss für eine sichere Traktion ist.

Alternative Antriebe (im Bild: Hybrid) spielen zunehmend eine wichtige Rolle.
Alternative Antriebe (im Bild: Hybrid) spielen zunehmend eine wichtige Rolle.

Die übrige Testflotte ist viel frischer und erfüllt Euro-6. "Staus, Luftverschmutzung, Energiesicherheit und Klimawandel bringen uns unter Druck und verlangen rasche Lösungen, damit wir den globalen Temperaturanstieg unter zwei Grad Celcius halten können", sagt Magnus Höglund, Direktor für nachhaltige Lastwagen-Lösungen bei Scania. Diverse alternative Antriebe kann Scania schon heute anbieten, und so stehen in Trysil neben dem Hybrid-Verteiler-Lastwagen auch ein Erdgas- und ein Ethanol-Fahrzeug, mit denen CO2-Reduktionen zum herkömmlichen, modernen Diesel von bis zu 90 Prozent möglich sein sollen. Und der erzielte Fortschritt ist auch leistungsseitig erstaunlich, was sich bei Erdgas exemplarisch zeigt. Noch bei Euro-3 lag das Drehmoment bei einem Gas-Motor in Bezug auf einen 320-PS-Diesel bei unter der Hälfte. Mit Euro-5 betrug das Drehmoment bereits zwei Drittel und mit Euro-6 liegt das Drehmoment nicht nur gleich hoch wie der vergleichbare Diesel, die Anstiegskurve verläuft gleichmässiger.

Lichtkontraste am späteren Nachmittag.
Lichtkontraste am späteren Nachmittag.

Der moderne Sattelzug aus der S-Serie biegt auf die Hauptachse, die 25, ein. Diese Strasse ist schwarz geräumt und der S730 mit königlichem V8 rollt ins Tal hinunter, wo auch der Ortskern Trysils anzutreffen ist. Das Gefälle ist steil und man spürt, wie das Gewicht von hinten drückt. Die trotz Schwarzräumung vorhandenen Schnee- und Eis-Spuren in der Fahrbahnmitte und unter den Achsen sind keine ideale Konstellation, um das ansonsten ausgezeichnete Retardersystem zu nutzen, das beim Antippen der Bremse die aktuell gefahrene Geschwindigkeit automatisch hält. Grund: die Bremskraft wirkt ausschliesslich auf die Antriebsachse, was zu Instabilität durch Traktionsverlust führen kann. Also ist herkömmliches Bremsen angesagt, damit die Bremskraft auf alle Räder gleichmässig verteilt wirkt und der lange Sattelzug sein Spur sauber beibehält.

Umbauen

"Die Bedürfnisse unserer Kunden verändern sich stetig, daher muss auch Scania sich verändern", meint Fredrik Callenryd pragmatisch. Wie jeder in der Branche müssen sich die Schweden vom Lastwagenhersteller zum Lösungsanbieter wandeln. Also sind umfassende Transportansätze gefragt, damit die alternativen Antriebe, mit welchen die CO2-Vorgaben gemäss Magnus Höglund bereits heute erzielt werden können, auch Eingang finden beim Fahrzeugkauf. "Die neuen Technologien müssen vor allem kommerziell interessant werden, sonst haben sie wenig Chancen, sich gegen die weniger sauberen Lösungen durchzusetzen." So hat Scania als Beispiel mit der schwedisch-dänischen Molkereigesellschaft Arla (80 Lastwagen) ein Partner-Ecosystem ausgearbeitet.

Das System umfasst neben den Ethanol-Lastwagen die Zusammenarbeit mit dem Agroethanol-Hersteller Lantmännen, der den Treibstoff liefert und feste Treibstoff-Preise bietet. Arla hat die Routen optimiert, Fahrertrainings durchgeführt und die Kapazitäten besser genutzt. Aber vor allem wurde die Dauer dieser Zusammenarbeit vertraglich festgelegt, was für alle Beteiligten eine kommerzielle Perspektive schafft. Das Resultat: zwischen Mai 2015 und Mai 2016 konnte Arla seinen CO2-Ausstoss gegenüber einer reinen Diesellösung um 55 Prozent und die Kosten pro Tonne um 3 Prozent senken, sowie die Fahrzeug-Auslastung um 9 Prozent erhöhen. Da Arla bereits vorher Alternativen zu Diesel nutzte, lag der CO2-Ausstoss bereits vor der Umstellung um 25 Prozent tiefer. Gemäss Höglund hat Arla seinen CO2-Ausstoss um total 80 Prozent gesenkt und mit heutiger Technologie die CO2-Ziele bereits erfüllt.


Top-Scania S 730 mit V8-Power. Hier mit einem Tieflader-Spezialanhänger
Top-Scania S 730 mit V8-Power. Hier mit einem Tieflader-Spezialanhänger

Problemlos zieht der S730 die Steigung wieder hoch zum Ausgangspunkt der Testfahrten. In der Frage der Langstrecken-Transporte baut die Industrie noch heute fast ausschliesslich auf moderne Diesel. "Wir benötigen wegen des grossen Energiebedarfs im Langstreckenverkehr eine Europa-übergreifende Klarheit, damit die Entwicklungs-Kräfte auf eine einheitliche Lösung konzentriert werden können", fordert Höglund. Hier sind zwar viele Bestrebungen am laufen, doch wird eine Entscheidung wohl noch etwas auf sich warten lassen. Der S730 biegt von der Hauptachse wieder auf eine weiss geräumte Piste ein. Durch Lastverlagerung der dreiachsigen Zugmaschine erhält die Antriebsachse das nötige Gewicht, um trotz Schnee genug Traktion zu haben, um die Steigung zu bewältigen. Ein letzter Fahrzeugtausch. Noch einmal ins Gelände, aber diesmal im P450 6x6 Kipper. Er ist für hartes Gelände und schwere Lasten ausgelegt, ähnlich wie die Minen-Transporter im Stil eines Doosan, hat aber im Gegensatz dazu auch eine Strassenzulassung.

P450 6x6 Kipper, ein strassengängiger Mini-Transporter à la Doosan.
P450 6x6 Kipper, ein strassengängiger Mini-Transporter à la Doosan.

Die Sonne nähert sich dem Horizont, die Farben wechseln im Minutentakt, der Himmel explodiert. "2017 soll so weiter gehen, wie 2016 geendet hat", verspricht Christopher Podgorski, Vizepräsident bei Scania Trucks. Und wir kehren aus der Winteroase Trysil zurück in die Schweiz, gespannt auf die Enthüllungen, die Scania im noch jungen Jahr für die Trucker-Gemeinde bereit hält.


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